Wofür bin ich hier? Was ist meine Bestimmung? Was will ich erreichen?
Nicht im Sinne von „höher, weiter, schneller“. Aber ganz bestimmt im Sinne von angestoßen, umgesetzt, verändert haben.
Dieser Artikel wird persönlich. Er zeigt dir aber auch, wie die Person hinter DEIN Leinen eigentlich so tickt.
Das Thema, das ich über die Challenge von Judith Peters aufgeschnappt habe, treibt mich schon länger um. Was bin ich für ein Vorbild? Wofür will ich in Erinnerung bleiben? Worüber sprechen die Menschen, die mir begegnen? Was nehmen meine Kinder von mir mit? Welche Haltung wird von mir wahrgenommen?
Ganz leise im Hinterkopf beschleicht mich der Gedanke, es könnte eine Frage des Alters sein, denn ich kratze allmählich an der 50.
Da kann man schonmal überlegen, was bleibt, wenn ich mal gegangen bin. Und welche Entscheidungen in meinem Leben haben sich wie ausgewirkt?
Ich denke, dass diese Überlegungen nie ganz abgeschlossen sind und so habe ich mir vorgenommen, diesen Artikel jetzt zu schreiben und gegebenenfalls später zu überarbeiten oder zu ergänzen.
Was will ich bewirken? Was ist mein Vermächtnis und wofür möchte ich Vorbild sein?
In einem Satz lässt sich das nicht beantworten und vermutlich werden wir immer wieder neue Aspekte dieser großen Sinnfrage der Menschheit entdecken, wenn wir anfangen, uns damit zu beschäftigen. In beruflicher sowie privater Hinsicht kristallisiert sich aber ein größeres Thema heraus, das in vieles hineinwirkt: Individualität und Nachhaltigkeit. Und das ist kein „gerade moderner Kram“. Ich erzähle mal, wie ich das erlebe.
Schon länger hadere ich mit unserem allgemeinen Konsum: im Bekanntenkreis ploppt das Thema immer dann wieder auf, wenn irgendwas kaputt gegangen ist und sich jeder darüber aufregt, dass sich heutzutage viele Dinge nicht mehr reparieren lassen.
Und dann fällt garantiert von jemandem der Satz: „Ist ja klar, die Wasch-, Spül- oder Kaffeemaschinen sollen nicht länger halten. Da ist das Verfallsdatum quasi schon mit eingebaut!“
Ich will eigentlich nicht dran glauben, doch eigenes Erleben spricht doch für diese Annahme. So hat gerade in diesem Jahr unser Warmwasserspeicher im Haus die Hufe gehoben, übrigens genau wie das Getriebe unseres Autos und im letzten Jahr waren es Waschmaschine und Wäschetrockner, die nicht mehr wollten.
Jede Anfrage nach Reparatur verlief ähnlich: „Ach das lohnt doch nicht, wenn das Gerät schon so alt ist. Kaufen sie lieber ein Neues.“ Genau diese Haltung ärgert mich besonders. Vor allem im Hinblick auf die damit völlig verschwendeten Ressourcen. Schließlich sind viele Bauteile in einem Gerät immer noch brauchbar, auch wenn ein Teil vielleicht kaputt ist. Wieso soll ich also Arbeitskraft, -zeit und -material wegwerfen, nur weil ein kleiner Bestandteil nicht mehr funktioniert?
Dass ich es anders machen will, ändert bestimmt nicht die Welt, aber es ist ein Anfang
Das ist meiner Meinung nach nicht nur im Hinblick auf Umweltaspekte eine schlechte Wahl. Zunehmend stößt mir auf, dass mit dieser Haltung auch die erbrachte Arbeitsleistung der herstellenden Personen geringgeschätzt wird. Das ärgert mich einfach. Und diese Haltung ist vielleicht auch eine Ursache dafür, dass handwerkliche Tätigkeiten heutzutage so ein schlechtes Standing haben.
Dabei zeugt es doch von großer Kunst und Fertigkeit, wenn jemand mit seinen eigenen Händen etwas schaffen, reparieren oder nutzbar machen kann. Manches Problem würde sich so vielleicht nicht stellen, wenn wir nicht aufgehört hätten, diese Arbeit wertzuschätzen.
Wie wäre es also, wenn wir uns mehr um Reparaturen bemühen?
Klar, ich kenne die Einwände alle: „Meinst du, es lohnt sich, da nen neuen Reißverschluss einnähen zu lassen? Aber was das dann kostet! Soo teuer war das doch garnicht, als ich es gekauft habe.“
Oder auch: „Du hast dir extra für die Hochzeit von XY ein Kleid ändern lassen? Wieso hast du nicht einfach ein Neues gekauft?“
Gern gepaart mit einem leicht abschätzigen Blick, weil man eben nicht eigens etwas Neues „geshoppt“ hat. Doch was spricht dagegen, ein Kleidungsstück dem Anlass angemessen abzuändern?
Ich hab das schon häufiger gemacht, hab aus dem Abschlusskleid meiner Tochter ein Sommerkleid und einen separaten Rock genäht oder aus einem langen Kleid einen Rock, wenn das Kleidoberteil nicht mehr passend war.
Zuletzt habe ich aus den Bettbezügen, die an den Ecken schon verschlissen waren, Vorhänge für unsere Wohnzimmerfenster genäht.
Mit meinen Wohntextilien aus Leinen will ich mehr Individualität und in unsere Wohnungen bringen
Früher gab es in jeder Innenstadt kleinere Läden, die ein sehr gemischtes und vielfältiges Sortiment anboten. Wenn wir jetzt überhaupt noch Leben in den Fußgängerzonen haben, bietet sich vielfach überall dasselbe Bild, mit den immer gleichen Filialisten, die landauf, landab dieselben Artikel anbieten. Und auch die kleineren, unabhängigen Geschäfte bieten oft ähnliche Marken an. Also ähnelt sich auch hier das Sortiment.
Ich finde das total schade, denn ich bin fest davon überzeugt, dass unser Zuhause ganz individuell auf unsere Vorlieben und Wünsche abgestimmt, eingerichtet sein sollte, damit wir uns so richtig entspannen und wohlfühlen können.
Während ich mich bei rosa Kissen wunderbar entspannen kann, trifft das noch lange nicht auf meine Schwägerin oder meine Freundin zu. Mal ganz abgesehen davon, dass Männer für gewöhnlich ganz andere Farben bevorzugen.
Und wer sagt eigentlich, dass wir nur Sofakissen einer bestimmten Größe haben dürfen?
Ich will dazu ermutigen, sich wirklich mit den eigenen Bedürfnissen zu beschäftigen, sich zu überlegen, was brauche ich eigentlich, um mich so richtig gut aufgehoben zu fühlen? Wie und wobei entspanne ich am besten und welche Stimmung brauche ich dafür? Was ist mein eigener Stil, wenn ich alle Einflüsse der Shoppingmeilen mal außen vor lasse?
Ist es vielleicht das liebgewonnene Kissen aus dem Kinderbett oder die Decke aus dem letzten Urlaub? Und wie schaffen wir es, alles in unser Zuhause zu integrieren, ohne ein kunterbuntes Durcheinander zu erzeugen? Dafür schreibe ich Artikel, biete Inspirationen und natürlich Hilfestellung bei der Auswahl.
Wohntextilien können nachhaltig sein: mit dem richtigen Material und der richtigen Fertigung
Ich möchte Vorbild sein, wenn es um Herstellung und Material geht. So fertige ich die Leinenbettwäsche erst nach Bestelleingang und färbe meine Stoffe selbst, um keine großen Mengen abnehmen zu müssen, die sich dann vielleicht nicht abverkaufen lassen und als Deadstock enden. Ich versuche das Leinen so weit wie möglich auszunutzen. Das heißt, sparsamer Zuschnitt, Verwendung auch kleinerer Stoffstücke für Servietten oder Umverpackungen. Und die kleinsten Schnipsel verwende ich für die Farbmusterkarten. Auch sie sind ein Beitrag für eine nachhaltige Fertigung, denn durch die Vorauswahl der Farben kann ich meine Retourenquote seit Jahren unter 1% halten.
Immer wieder erzähle ich über sie auf den sozialen Medien und erkläre ihren Nutzen, um vielleicht bei der einen oder anderen Interessentin einen Impuls zu geben, sich VOR dem Kauf genau zu überlegen, was man haben möchte und nicht auf die Möglichkeit der Rücksendung zu setzen.
Der Verkauf der Leinentextilien soll kein reiner Selbstzweck sein
Sich mit der Einrichtung des eigenen Zuhauses zu beschäftigen, ist nicht nur ein bloßer Zeitvertreib, auch wenn es bei Instagram und Pinterest oft so aussieht. Aber ich meine hier nicht die oberflächlichen – schau-was-ich-wieder-gekauft-hab-Posts – sondern ich meine eine wirkliche Auseinandersetzung mit unseren Bedürfnissen nach Ruhe oder Anreizen. Was erreiche ich wie und wo macht es Sinn und hilft mir in meinen Bedürfnissen nach Rückzug oder Unterhaltung?
Dass es dazu sogar eine eigene Wissenschaft, die Wohnpsychologie gibt, finde ich äußerst interessant.
Spätestens während der Corona-Pandemie ist uns doch allen bewusst geworden, dass wir in unseren Wohnungen mehr brauchen, als einen Raum mit Bett, um unseren Bedürfnissen gerecht zu werden.
Und wie schaffen wir das, wenn wir nicht alleine wohnen, sondern allen unseren Familienmitgliedern ein schönes Zuhause bieten wollen, das uns umarmt wie eine liebgewonnene Kuscheldecke?
Ich liebe es, das zu beleuchten und Inspirationen dazu zu teilen. Wenn ich nur bei einer meiner Leserinnen einen Impuls geben konnte, sich näher mit den eigenen, tiefverankerten Wohnbedürfnissen zu beschäftigen, dann habe ich etwas bewirkt.
Etwas, das größer ist, als eine Anzeige zu den neuesten Farben oder Mustern.
Übermutter? Freundin? Begleitung? Was gebe ich meinen Kindern mit?
Tatsächlich ist das ein großes Thema, das hier vielleicht nicht so ganz hingehört, denn schließlich bin ich ja Inhaberin eines Online-Shops. Doch trotzdem interessiert dich vielleicht, mit was für einer Person du es hier zu tun hast? (Einen detaillierteren Einblick gebe ich in einem Artikel, der auch aus einer Challenge mit Judith Peters stammt: Wie ich wurde was ich bin)
Meine Kinder sind ja beide schon groß, und so kann ich nur hoffen, dass sie sich das mitgenommen haben, was ich ihnen, gemeinsam mit meinem Mann vorgelebt habe: Empathie, „Scheiß auf die Meinung der Anderen“, finde Lösungen, erweitere deinen Horizont und bewahre dir die Fähigkeit, die Perspektive zu wechseln.
Nichts erdet uns so schnell, als wenn wir uns selbst mal aus dem Fokus nehmen und mit den Augen anderer auf unsere vermeintlichen Probleme gucken. Möglicherweise hat uns unsere Geschichte der so unterschiedlichen Herkunft und Prägung (ich Ostberlinerin, mein Mann westdeutsches Dorfkind) dabei auch geholfen. Ohne, dass wir uns einander so angenommen haben wie wir sind, hätte unser Zusammenleben nicht schon so lange, so glücklich funktioniert.
Meine Lieblingsgeschichte ist immer eine aus meiner Jugend, die mich nachhaltig geprägt hat: aufgewachsen in Ostberlin war uns immer bewusst, was wir alles nicht hatten, nicht durften oder mangels Finanzen nicht konnten. Zumindest im Vergleich zur großen Zahl unserer westberliner Verwandten.
Wie mich ein kleiner, rumänischer Turmwächter tief beeindruckt hat
Unsere Reisen führten halt nicht nach Spanien, sondern über Ungarn und Rumänien an die bulgarische Schwarzmeerküste. Spätestens an der türkischen Grenze war für uns Schluss. Doch die Herzlichkeit und Wärme, mit der uns Willi Weber, rumänischer Wärter des Stundturms in Sighisoara 1986 ein Glas Wasser anbot, hat meinen Blick auf Vieles relativiert. Mehr konnte er nicht anbieten und doch war genau das total nebensächlich, als er anfing von seiner Lehre in Berlin-Köpenick zu erzählen. Es war ein extrem besonderes Erlebnis und zeigt, dass nicht was wir NICHT haben entscheidend ist, sondern was wir aus dem machen, DAS wir haben. Ich bin dem kleinen, bescheidenen Mann mit dem großen Herzen so dankbar für diese Lektion und werde die Begegnung für immer in mir tragen.
Das gebe ich meinen Kindern mit auf ihren Weg durchs Leben
Und so ermutige ich meine Kinder, sich die Welt wirklich anzugucken. Rauszugehen aus den Hotels, den Amüsiermeilen, sich unter die Einheimischen zu mischen, offen zu sein und sich von Sprach- oder anderen Barrieren nicht abhalten zu lassen, ausgetretene Pfade zu verlassen und Neues zu entdecken und erleben.
Ganz oft entpuppen sich im Nachhinein nämlich die kleinen, unaufgeregten Momente und Erlebnisse als die wirklich bedeutenden.
Und dann kann es auch mal sein, dass ein 5.-Klässler über sich hinauswächst, weil er mitten in Italien mit Händen und Füßen nach einer Toilette fragt, da er weder Italienisch spricht, noch das Gegenüber Englisch. Damit steigt das Selbstwertgefühl enorm, er erlebt seine eigene Wirksamkeit und, dass Hindernisse dazu da sind, überwunden zu werden.
Wir müssen im Leben nach unseren Möglichkeiten suchen. Aktiv durch unser Tun und uns nicht vom kleinsten Krümel aufhalten oder ausbremsen lassen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass das Glas immer halb voll und nie halb leer ist, wenn wir lernen, dass wir etwas dafür tun können.
Dass wir uns oft nur entscheiden müssen, aktiv zu sein und wir nicht in Lebenssituationen festsitzen. Wenn dir deine Lage nicht gefällt, ändere was! Wenn du nichts ändern willst, und sei es nur dein Blick auf die Sache, dann meckere und jammere nicht.
Schau über deinen eigenen Tellerrand hinaus und erkenne, dass du es schon ziemlich gut getroffen hast. Neid bringt dich nicht weiter. Und gönnen können ist eine Tugend und keine Schwäche.
Das klingt oft nach Platitüden, doch in vielen Gesprächen mit meinen Kindern, meinem Mann und anderen Vertrauten fällt auf, dass die Neidkultur gerade in der heutigen Zeit sehr ausgeprägt ist. Doch ich glaube fest daran, dass negative Haltungen früher oder später zu uns zurückkommen.
Was habe ich davon, wenn ich meinem Nachbarn etwas missgönne? Hat er dadurch weniger? Hab ich dadurch mehr?
Ich bin stolz auf meine Kinder. Sie gehen ihren Weg und ich weiß, diese zwei großartigen Menschen sind eine Bereicherung für diese Welt.
Und sonst? Was bleibt von mir im größeren Umfeld?
Ich denke, wir alle wollen etwas hinterlassen. Mir ist dabei aber materielle Hinterlassenschaft nicht so wichtig. Mir ist wichtiger, wie über mich gesprochen wird, wenn ich mal gegangen sein werde. Daher liebe ich es, gemeinsame Erlebnisse zu schaffen, die wir für immer in unseren Herzen tragen können, wie meine Begegnung mit Willi Weber.
Ich pfeife auf Konventionen und auf die Aussage: „Das haben wir immer schon so gemacht.“, reagiere ich allergisch. Lieber suche ich meinen eigenen Weg und zelte auch schon mal im Wohnzimmer oder schlafe im Kofferraum, nähe mein Hochzeits-Outfit selbst und fühle mich großartig dabei.
Ich bin ein absoluter Familienmensch und beschränke das nicht nur auf Kinder und Geschwister. Die Bindung zu meinen Cousinen und Cousins, zu Onkeln und Tanten und zu meinen Neffen ist mir ebenso wichtig. Das gibt mir die Sicherheit und den Rückhalt, gut aufgehoben zu sein und nichts sein zu müssen.
Wenn sich jemand durch mein Vorbild und Wirken darin bestärkt sieht, eine individuelle Lösung für etwas zu suchen, dann erfüllt mich das mit großer Freude.
Rosa mit Schwarz kombinieren? Oder Gelb mit Lila? Wenn es zu mir und meinem Zuhause passt, wenn ich mich damit so richtig wohlfühle, weil es mich an die Keramiken aus Spanien erinnert oder ich bei einer Kombination an ein schönes Erlebnis aus meiner Kindheit denke, dann ist es richtig.
Für mich. Und das ist alles, was zählt.
Ich muss nichts haben, weil es überall so gezeigt wird oder weil es die Freundin oder Nachbarin genauso hat.
Du musst dich nicht für deinen eigenen Stil rechtfertigen. Das ist es, wofür ich in Erinnerung bleiben will. Um das zu erreichen, habe ich den ganzen Rest meines Lebens Zeit.