Was ich früher werden wollte: Rentnerin

Was ich früher werden wollte, Irina im Atelier
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    Huch, denkst du jetzt vielleicht, das ist ja komisch! Aber ich kann das erklären, denn als ich im Kindergartenalter gefragt wurde, was ich denn mal werden will, wenn ich groß bin, antwortete ich mit schöner Regelmäßigkeit: Rentnerin. Und das hatte nichts mit Faulheit zu tun oder so.

    Komm mit und ich erzähle dir, was ich in meinem Leben alles schon werden wollte, geworden bin und wohin die Reise vielleicht noch geht.

    Warum ich im Kindergarten unbedingt Rentnerin werden wollte

    Meine Kindergartenzeit war toll! Ich ging in einen evangelischen Kindergarten, der ein breites Angebot an musikalischen Beschäftigungen bot, hatte Freunde und Freundinnen und meine Welt war eigentlich in Ordnung. Eigentlich, denn ich war (und bin es bis heute) ein neugieriger und wissbegieriger Mensch. Ich machte liebend gern Besuche, nur bei Tante Regina (meiner Patentante) waren wir noch nie.

    Immer wenn ich bei meinen Eltern danach fragte, warum diese Tante nur zu uns kam, wir aber nie sie besuchten, hieß es: „Die wohnen drüben, da dürfen wir nicht hin. Nur Oma und Opa, denn die sind Rentner.“ Mit 5 oder 6 Jahren verstand ich nichts von der Politik und auch nicht, warum wir bestimmte Verwandte nicht besuchen konnte, sie uns aber sehr wohl. In meinem Artikel: „Wie ich wurde, was ich bin“, kannst du nachlesen, dass ich in Ostberlin geboren bin. Ich fand es völlig folgerichtig, Rentnerin zu werden, wenn ich dadurch meine Tante besuchen könnte.
    Im Erwachsenenalter wird mir die Traurigkeit dieser Haltung erst so richtig bewusst.

    Abgesehen davon, will ich im Kindergartenalter noch vieles andere werden: Fernsehstar zum Beispiel. Und auch daran ist mein Kindergarten schuld, denn er hat eine Partnerschaft mit der Sandmännchen-Produktion und ich bin regelmäßig bei Fernsehaufzeichnungen dabei, bis ich eingeschult werde. Was ich nie werden will ist Lehrerin oder Erzieherin. Auch später zeigt sich deutlich, dass ich oft weiß, was ich alles NICHT will.

    Tiere – am liebsten Pferde – mit 13 will ich auf ein Gestüt ziehen

    Es geht mir wie sicher vielen Mädchen in dem Alter, mit 12/13 Jahren begeistern mich Tiere. Pferde haben es mir besonders angetan. Ich habe Glück und meine Eltern ermöglichen mir Reitunterricht. Ich verschlinge Pferdebücher im Wochentakt, sammle Postkarten mit Tiermotiven und überhaupt, ich will Tierärztin werden und auf einem Gestüt im Brandenburgischen arbeiten.

    Koppel mit Pferden

    In den Ferien ergattere ich einen der begehrten Aushilfsjobs im Tierpark Berlin und muss mich erstmal auslachen lassen, als ich den dortigen Tierpflegern von meinem Berufswunsch erzähle. Zu leicht, zu wenig Kraft, ist ihre einhellige Meinung. Ich denke noch: Euch zeig ichs und stürze mich mit Eifer in die Arbeit.
    Trotz meines geringen Gewichts bin ich zäh und stärker, als die meisten denken. Ein Überbleibsel meiner Turnkarriere, die ich im Grundschulalter begonnen hatte.

    Ich erkundige mich, was es für den Beruf alles braucht und stelle fest: Abitur, Veterinärstudium – nicht eben leicht. Als ich daraufhin erfahre, dass ich für Abitur und Studium auch noch in die SED-Jugendorganisation eintreten muss… Puuhhh, schwierig. Es folgen lange Gespräche mit meinen Eltern und der Familie. Sie fänden es schön, wenn ich als Erste aus der Familie studieren würde, reden mir aber in meine Entscheidung nicht rein. Ich bin hin- und hergerissen. Schließlich trete ich Anfang 1989 doch noch in die FDJ ein. Mit Bauchschmerzen und alles andere als überzeugt.

    Im November 1989 fällt die Mauer und alles ist wieder offen.

    Auf dem Weg zum Abi und keine Ahnung, was dann folgen soll

    Weg in die Zukunft? Strand und Meer, weiter Blick in die Ferne

    1990 und ich wechsle auf ein Gymnasium, um mein Abi zu machen. Danach? Keine Ahnung, einerseits überfordern mich die vielen Möglichkeiten, andererseits ist der Tierarztberuf jetzt nicht mehr so attraktiv. Das Gestüt gibts nicht mehr und überhaupt, will ich das noch? Nach der Wende erscheint mein ganzer Weg in die Zukunft plötzlich in einem neuen Licht. Es gibt so viele neue Möglichkeiten, aber auch so viele neue Hürden und Wagnisse.
    In dieser Zeit eine Entscheidung für die eigene Zukunft zu treffen, fällt mir echt schwer.

    Meine Eltern sähen mich gern in einem „sicheren“ Beruf, vielleicht bei der Bank? Oder als Beamtin?
    Ich weiß nur: Bank – nein danke! Und Beamtin? Nö. Die berechtigte Frage, was ich stattdessen will, kann ich nicht beantworten. Alle aus meinem Jahrgang, die es auch nicht wissen, wollen BWL studieren und entsprechend voll sind die Unis.
    Ich erwärme mich für einen kaufmännischen Beruf, als klar wird, dass Goldschmiede in Berlin nicht mehr ausgebildet werden und auch andere Ideen sich nicht umsetzen lassen.

    Die Lage hinsichtlich der Ausbildungsplätze in den frühen Neunzigern ist mies, in Berlin nochmal mieser. Die Umstrukturierung der alten DDR-Wirtschaft ist im Gange, neue Strukturen fehlen, und so kommt es, dass auf einen Ausbildungsplatz plötzlich deutlich mehr Bewerber kommen.
    1994 starte ich dann nach Hängen und Würgen in eine Ausbildung als Reiseverkehrskauffrau.

    Und heute? Rückblickend war alles gut.

    Klar, in der Rückschau ist immer alles klar und einfach. Wenn ich zurückblicke, dann ist alles gut so, wie es gekommen ist. Ich musste mich mit kaufmännischen Dingen befassen, was ich natürlich jetzt für DEIN Leinen immer gut gebrauchen kann. Ich musste lernen, mich in meine Kunden einzufühlen und ihre Wünsche erkennen und nach Möglichkeit bedienen können. Auch das kommt mir in meiner Arbeit mit DEIN Leinen heute zu Gute. Ich kann die individuellen Vorstellungen schneller erfassen und verstehe es, auf meine Kundinnen einzugehen.

    Schlafbrille in Nizza

    Meine verschiedenen Neustarts nach Wende, Umzug und Hausbau haben dazu geführt, dass ich immer einen Weg finde, mich weiterzuentwickeln und für mich passende Lösungen zu finden.
    Ich liebe es, mich in neue Themen einzuarbeiten, mir neues Wissen anzueignen.
    Und – ich bin stolz darauf, mir meine Kreativität in meinen Arbeitsalltag geholt zu haben. Eine Sache, die mich schon seit meiner Kindheit begleitet und die einfach ein Teil von mir ist.

    Was bringt die Zukunft?

    Natürlich weiß das niemand so ganz genau.
    Aber ich möchte gern noch weiterlernen. Ich möchte zum Beispiel irgendwann die Fertigung in fähige Hände legen, damit ich mich mehr auf die Wünsche meiner Kundinnen konzentrieren kann und mehr Zeit habe, um neue Designs und Produkte zu entwickeln.
    Ich möchte gern Ansprechpartnerin für Umgestaltungswünsche werden, denn ich kann gut visualisieren, was mir Menschen erzählen. Dir deine neue Farbkombi vorzuschlagen, bereitet mir große Freude, denn es ist so schön, wenn du dich in deinem Zuhause wohlfühlst.
    In erster Linie möchte ich DEIN Leinen weiterentwickeln, damit noch mehr Menschen die Vorteile von Leinen entdecken können und mit diesem tollen Material ihr Zuhause einrichten und gestalten.
    Wir alle brauchen diesen gemütlichen Ort, an dem wir auftanken und uns erholen können. Wo wir schon beim Öffnen der Tür entspannt seufzen, weil wir unser Nest betreten.

    Damit ich das noch besser greifbar für dich machen kann, arbeite ich im Hintergrund gerade an einem neuen Format für meine Newsletter-Leserinnen. Falls du bei der ersten Runde dabei sein magst, melde dich unbedingt an, damit du den Start nicht verpasst.

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    über mich, Irina, Kopf hinter DEIN Leinen
    Herzlichst!
    Deine Irina

    13 Kommentare zu „Was ich früher werden wollte: Rentnerin“

    1. Liebe Irina,

      so ein spannender Blogartikel und was für eine Lebensreise. Sehr spannend. Das muss ganz schön herausfordernd gewesen sein, mitten in der Wende den Weg ins Berufswunsch-Leben wählen zu dürfen. Puh! Du schreibst locker und leicht und ich vermute, dass Du dabei ganz schön zäh bist (wenn die Tierpfleger von damals wüssten … 😂!!!). Toll, was Du aus Deinem Leben bisher gemacht hast und ich wünsche Dir, dass da noch ganz, ganz viel kommt.

      Ach ja: ich war auch Pferdemädchen und … liebe Leinen.

      Herzlicher Gruß,
      Iris

      1. Liebe Iris,

        vielen Dank für diesen tollen Kommentar! Rückblickend liest es sich nach viel, währenddessen fühlte ich das nicht so. Es war eben, wie es war und ich musste mir eine Lösung suchen.
        Wie so oft im Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.
        Schön, dass wir mit Pferde- und Leinenliebe auf einer Wellenlänge liegen.

        Lieben Gruß
        Irina

    2. Hey Irina,
      was für ein grandioser Titel! Da konnte ich gar nicht anders, als zu lesen 🙂
      Besonders angesprochen hat mich das Ganze, weil ich im Rahmen meiner aktuellen Burn-out-Phase zwischenzeitlich darüber nachdenken musste/durfte, ob ich vielleicht so mitten aus dem Leben heraus in irgendeiner Form Rente beziehen werden muss. Aktuell sieht es nicht so aus, aber der Gedanke war da und hat viele Gefühlslagen hervorgerufen.
      Spannend, welche Wege das Leben geht und wie oft darin Gedanken an die Rente vorkommen können 🙂
      Gruß
      Heiko

      1. Hallo Heiko und lieben Dank für deinen Kommentar! Ja, das Thema Rente kann einem schon ziemlich früh im Leben begegnen. Schön, dass es zurzeit für dich besser aussieht. Ich drücke die Daumen, dass es so bleibt. Grüßle Irina

    3. Ein absolut gelungener Titel, der mich neugierig machte und mich auch prompt auf eine falsche Fährte lockte. Kinder zeigen mit ihren Gedanken eine einfache, logische, stimmige Welt auf. Manchmal bedauere ich es, dass wir diese Gabe gegen Wissen und Fakten eintauschen müssen.
      Lehrerin wollte ich auch nie werden, bin es trotzdem geworden und habe damit meine Berufung gefunden.
      herzlich Gabriella

      1. Danke für deinen Kommentar, liebe Gabriella. Wie schön, dass manchmal ein Weg doch der richtige für uns ist. Toll, dass du mit dem Lehrerinnen-Beruf deine Berufung gefunden hast.
        Grüßle Irina

    4. Pingback: KW23/2024: Alle TCS-Blogartikel - The Content Society

    5. Hallo Irina, der Titel deines Blogartikels brachte mich erst zum Schmunzeln und dann beschlich mich dieses merkwürdige Gefühl wieder, welches ich früher oft hatte, wenn sich die Freunde aus dem Westen verabschiedeten. Sie durften mich besuchen, ich sie aber nicht. Die einzige Möglichkeit, uns an einem anderen Ort zu treffen, war in Prag. Ich hasste dieses Gefühl, hinter einer Mauer eingesperrt zu sein. Auch die Beschränktheit der Berufe, die zur Auswahl standen, das war ja schon vor der Wende so, in den 90er-Jahren war das sicher noch heftiger. Wunsch und Realität drifteten damals weit auseinander. Danke für die kurze Erinnerung an diese Zeit, die längst vergessen scheint und doch noch so präsent ist. Spannend fand ich auch, dass es so viele Pferdebücher zum Verschlingen gab. Für dein Leinen wünsche ich dir viel Erfolg. Herzliche Grüße Sylvia

      1. Liebe Sylvia,

        wie schön, dass ich dir diese Zeit in Erinnerung rufen konnte. Weniger schön, wenn es nicht nur gute Erinnerungen sind. Aber auch de gehören ja dazu. Zum Thema Bücher, da war ich dank der Familie im Westen gut ausgestattet. (zum Glück).

        Liebe Grüße Irina

    6. Liebe Irina,

      das Leben ist ein Abenteuer – und Lebenswege selten geradlinig. Und das ist gut so, denn entdecken wir nicht gerade auf den Umwegen, den kleinen, verschlungenen Pfaden die viel schöneren Seiten des Lebens? Der eigene Weg entsteht durchs Gehen des nächsten Schritts. Ich bin gespannt, wohin dich deine nächsten Wege führen.

      Sehr herzlich
      Pia

      1. Vielen Dank für deinen Kommentar, liebe Pia. Du hast recht, es ist spannend, wohin unser Weg uns führt und es wäre allzu langweilig, schon vorher alles zu wissen.

        Liebe Grüße Irina

    7. Hallo Irina, sehr cool – du wolltest Veterinärin werden. Warum nicht Tierpflegerin, die müssen – meines Wissens – nicht studieren, aber vielleicht war das in der DDR anders. Ich bin im Westen der 70ern und 80ern groß geworden und wollte immer „irgendwas mit Pferden“ machen. 🙂 Wie schön, dass du deinen Weg gefunden hast!
      Liebe Grüße
      Manuela

      1. Hallo Manuela,

        ja Tierpflegerin war eine der möglichen Alternativen. Obwohl auch das schon ein Fachschulstudium war damals. Und ich wollte unbedingt auf das Gestüt, das hatte sich mein 13-jähriges Ich so in den Kopf gesetzt. *lach* Rückblickend bin ich froh, dass das nichts wurde, denn vermutlich ist meine kreative Ader stärker als mein Wunsch, mich mit Pferden zu umgeben.

        Liebe Grüße Irina

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